[Performance dramaturg]
A coproduction of Oblivia and Theater Rampe, Stuttgart (DE), ECLAT new music festival Stuttgart (DE), ARGEkultur Salzburg (AT), Espoon Kaupunginteatteri (FI), Tampereen Työväen Teatteri (FI), 2020.
Working group
Performers | Alice Ferl, Timo Fredriksson, Annika Tudeer
Devising | Alice Ferl, Timo Fredriksson, Anna–Maija Terävä, Annika Tudeer
Light design | Meri Ekola
Costume design | Tua Helve
Composition, sound design, and live electronic | Yiran Zhao
Songs and vocal work | Alice Ferl, Timo Fredriksson, Anna-Maija Terävä, and Annika Tudeer
Production | Oblivia/ Jenny Nordlund in collaboration with RÖD/ Katja Tolonen and Jenni Salminen and ehrliche arbeit/ Elena Polzer
Co-producers
Theater Rampe, Stuttgart (DE), ECLAT new music festival Stuttgart (DE), ARGEkultur Salzburg (AT), Espoo City Theatre (FI), Tampereen Työväen Teatteri (FI)
Oblivia celebrates its 20th anniversary with performance Verdrängen Verdrängen Verdrängen an experimental experimental music theatre performance about feelings, memories and repression.
It explores the collective European subconscious and the human mind, and delves into shared memories and experiences. The performance revolves around different meanings and interpretations of the German word “verdrängen”. The word can mean rejection, abandonment or displacement.
The performance takes place in a world where the familiar becomes unfamiliar, where the uncanny is the new norm, and where ghosts and aliens move freely. From schlagers to contemporary music, the work has been created in collaboration with the young, talented composer, Yiran Zhao.

“We were thinking of ghosts, cellars and attics. We were thinking about all the emotions, people, and uncomfortable things that we push away and put into deep boxes to forget them forever. Just when you are desperately trying to eliminate discomfort from your life, there it is: popping up, returning from the murky realms that nightmares are made of. Just when you sigh of relief: never again.
We were thinking about the importance of home, and chopped up the German word Heimat (homeland) and found ourselves looking at a post-Heimat time. The word is associated with stale nationalism, but it also describes the need to belong. There is a fundamental need to be accepted and seen, and of course, the birthplace for this need is in the family.
It has been liberating to make the performance and work with emotions, more than ever, yet what you will see is also the format for suppression. We also found the Oblivia motto “facing the unknown”. In the performance, we encounter unimaginable whims and surprises of the mind. For what is the mind and the body, if not the basis of humanity?”
– Annika Tudeer, Oblivia’s performer and artistic director

Supporters
Arts Promotion Centre Finland, Helsinki City, Konstsamfundet, Stiftelsen Tre Smeder, Svenska kulturfonden, TINFO – Theatre Info Finland/ MOTI funded by The Finnish Cultural Foundation, Goethe-Institut Finnland; das NATIONALE PERFORMANCE NETZ Koproduktionsförderung Tanz, gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien; i-Portunus.
Residency | Light Box, Detroit, 2019
Premiere | 7th of February 2020, ECLAT Festival at Theater Rampe, Stuttgart
Performances |
Feb 8, 9, 12, 13, 14 and 15 Theater Rampe, Stuttgart
Mar 7-8 ARGEkultur, Salzburg
Mar 27-28 Espoo City Theatre
Oct 7-9, 29-30 Tampereen Työväen Teatteri
Reviews / Interviews
JungeReporter | February 20202 [in German]
Verdrängtes und Befreites
Antonia Katharina Marx, 28 Jahre
Verdrängtes hervorlocken. Ausgegrenztes eingliedern. Vermeintlich Verstörendem begegnen, sodass es sich nicht in Abspaltung und Gewalt seinen Bann brechen muss. Es ist ein psychologisches Erkunden, das sich die Performancegruppe Oblivia zusammen mit Komponistin Yiran Zhao und Lichtdesignerin Meri Ekola zum Thema gemacht hat, die notwendige Therapie einer kranken Gesellschaft.
Bei Zuschauereinlass warten auf dem schwarzen Tanzboden in paralleler Formation drei Körper in bequemer aufgestützter, seitlich liegender Haltung – meerjungfrauenartig, wie eine Formation Robben an der Küste. Mensch-Tierwesen. Gehüllt in schwarze lederartige, glitzernde Hosen mit schwarzen durchsichtigen, plauschigen Blusen, dazu den Blick herausfordernd, einladend ins Publikum gerichtet. Sie beginnen mit einer Erzählung und mehrstimmigen Gesang.
„Verdrängen Verdrängen Verdrängen“ ist voll von derart skurril anmutende Settings, die sich langsam durch unaufdringliche Variationen und Wiederholungen entfalten und zu verzaubern beginnen. Die ungewöhnlichen Bilder drängen sich dem Zuschauer auf, er muss sie ertragen. Es ist nicht möglich sie stereotypisch einzuordnen, als pure Referenz auf irgendwas. Vermeintlich peinliche Situationen verlieren mit der Selbstverständlichkeit und Offenheit, in der sie gezeigt werden, ihre Schamhaftigkeit. Durch den Umgang mit Zeit und die feinen Nuancen der Bilder entsteht in der Dauer der Aufführung ein Kosmos, der eine große Sogkraft aufbaut – hat man sich bis dahin noch nicht innerlich verabschiedet und die Performance als „komisch“ deklariert, eröffnen sich den Zuschauer*innen skurrile ästhetische Erfahrungsräume.
„Es gibt keine klare Message“, erklärt Performerin Annika Tudeer im Interview. Es ist der Gruppe vielmehr wichtig, Räume zu öffnen und den Zuschauer*innen Platz zu lassen für eigene Reflexionen und Wahrnehmungen. So tauchen mitunter auch kulturelle Gemeinplätze der Verdrängung auf und Emotionen, die gleichzeitig schön und verstörend sind. Viele Themen aus der Recherchephase werden nicht explizit angesprochen, erklärt die Gruppe über ihren Prozess. Sie sind aber trotzdem noch irgendwie präsent, bereit, ihre Wirkung zu entfalten.
In den Szenen entdeckt man eine Welt voller seltsamer und doch faszinierender Gestalten, die das Publikum mit langen Blicken visieren, gleichzeitig jedoch so sanft und manchmal auch ratlos erscheinen, dass sie viel mehr in den Bann ziehen als verstören. Sie lassen mit scheinbar absurden Handlungen feine Nuancen des menschlichen Seins sichtbar werden, mitunter auch Verletzlichkeiten, und man beginnt vermeintliche Schwächen und Peinlichkeiten der eigenen Existenz als etwas Schönes und Poetisches zu empfinden.
So kann der Besuch dieser Performance dazu führen, den eigenen Körper anders wahrzunehmen. Sensibler. Befreiter. Dem Körper als Material fällt eine wichtige Rolle zu, wie die Performancegruppe weiter im Interview erläutert. Er sei ein Ort, an den man zurückkommen kann, nach all den Geistern, denen man mitunter begegnet in Emotionen und Gedanken. Aber im Körper finden auch kulturelle Verdrängungen statt. Nicht nur einzelne Körper, sondern auch der kollektive Körper sei geprägt dadurch, was ihm durch Erziehung in unserer Gesellschaft vermittelt wird. Die Art, wie wir unsere Körper benutzen, wie sie gesehen und präsentiert werden und wie frei sie sind ist eine Frage im größeren politischen Sinn, betont die Performerin Alice Ferl.
Zur Rolle der Musik sagt Komponistin Yiran Zhao im Interview, sie sei verwoben ins Gesamtkunstwerk. „Man kann die Komposition oder das Licht nicht vom Kunstwerk trennen. Die Musik steht nicht im Vordergrund aber auch nicht im Hintergrund.“ Vielmehr sei sie mit den Körperhandlungen und vokalen Aktionen der Performer, und mit der Licht-Performance verschmelzend. Und in der Tat sticht die Musik nicht einzeln heraus, sodass sie nicht aufgesetzt wirkt, sondern die Aussage des Stücks und die poetischen Bilder unterstützt.
Die Inszenierung spielt mit Körperlichkeit in einer Art, die fernab gängiger Klischees und einengenden Vorstellungen von ihr ist. Sie macht Lust darauf zu entdecken, wer wir als Menschen sind und wer wir sein könnten. “Spirit needs space” erklingt es in einer Szene und so kann man durch die Performance einen kleinen Blick auf eine andere Perspektive der Körper erhaschen. Inspirierend und befreiend. Einzig das Ende wirkt irgendwie unbefriedigend. So als wäre etwas noch nicht vollkommen entfaltet, nimmt es dem Stück etwas die Chance, sich genauso würdevoll und poetisch von seinen Zuschauern zu verabschieden, wie es begonnen hat.
